Generell beschäftigt mich die Frage nach einer besseren Welt im allgemeinen natürlich immer. Ich sammle immer mal wieder Ideen im Kopf – manche verfolgen mich ein wenig länger, andere verfliegen wieder. Da damit allerdings nichts passiert, außer, dass mein Kopf brummt und sich immer wieder um ähnliche Themen dreht – möchte ich hier einen anderen Weg versuchen.
Ich probiere einen relativ konkreten Gedanken mal ein wenig genauer zu formulieren. Das möchte ich dann gerne teilen und diskutieren – um dann am Ende vielleicht oder hoffentlich sogar in eine Aktion zu kommen.
Ich fange einfach an – mit einem ersten Gedanken. Vielleicht folgen weitere in weiteren Artikeln – wir werden sehen.
Der Tübinger Bürgermeister meinte vor einigen Jahren sinngemäß: Wir können nicht alle Menschen der Welt hier bei uns aufnehmen. Da stimme ich mit ihm überein. Das heißt nicht und auf keinen Fall, dass man Menschen daran hindern soll, zu uns zu kommen. Jedem muss und soll geholfen werden. Völlig egal, ob aus Syrien, der Ukraine, Mali, Ägypten oder jedem anderen Land. Wer seine Heimat verlassen muss, weil er dort in seinen Grundrechten verletzt wird, muss Hilfe bekommen. Dies stellte auch Palmer nicht in Frage. Er merkte nur völlig zurecht an, dass das nicht alles sein kann. Es ist keine Lösung für die Menschheit, alle hier bei uns zu integrieren.
Genau an diesem Punkt setzt die Entwicklungshilfe seit vielen Jahren an. Es wird versucht, die Heimat von vielen Menschen auf der ganzen Welt so weit zu verbessern, dass eine Flucht nicht mehr notwendig ist. Dies wird mit viel Geld und viel Engagement von Organisationen und Staaten voran getrieben. Dennoch ist dieses Ziel noch lange nicht erreicht. Und ich glaube, der Weg, welcher hier gegangen wird, ist nicht der Beste. Es wird Geld gespendet, ein Brunnen und eine Schule gebaut, und es wird Essen bereit gestellt – dann wird schon alles irgendwie gut werden. Aus meiner Sicht ist dies aber keine nachhaltige Lösung. Was den Menschen nach wie vor fehlt, ist eine Perspektive – eine nachhaltige Zukunft in Ihrer Heimat.
Natürlich benötigt man für diese Perspektive zunächst die Grundlage. Und dafür ist ein Brunnen und eine Schule verdammt wichtig. Aber für die nächste Stufe, für eine echte Perspektive – dafür müssen vor Ort Möglichkeiten für Arbeit geschaffen werden. Und zwar Arbeit, von welcher mensch sich einen gewissen Wohlstand leisten kann.
Meine These: Wenn jede*r in ihrer oder seiner Heimat die Möglichkeit hat, sich Wohlstand zu erarbeiten, kommt der Rest fast von alleine. Ein sicherer Arbeitsplatz und regelmäßiges Einkommen sorgen dafür, dass mensch sich Nahrung und Kleidung und andere Güter auf dem lokalen Markt besorgen kann. Der Markt und alle Teilnehmenden profitieren davon, und bestärken ihrerseits den Markt. Damit profitieren am Ende alle von der positiven Entwicklung.
Was ist also die Idee? Wie kann ich sie konkret ausdrücken? Nun: Verlagern von Arbeit in ärmere Regionen. „Tolle Lösung“ magst du jetzt denken. „Das ist doch das Problem!“ „Ausbeutung der Ärmsten. Super Trick.“ – all das sind völlig verständliche Reaktionen auf diese Idee.
Aber ich behaupte, die Idee wurde bisher einfach und absichtlich mit den falschen Interessen verknüpft. Der Grund, Arbeit in ärmere Regionen auszulagern, besteht immer darin, Geld zu sparen. Mehr Arbeit für weniger Geld zu erhalten. Mehr Reichtum für wenige Nordhalbkugel-Bewohner. Günstigere T-Shirts für Wohlstandsverwahrloste.
Meine Idee basiert darauf, die Arbeit zu fairen Bedingungen auszulagern. Also grundlegend dafür zu sorgen, dass die Arbeit dort, wo sie geleistet wird, fair bezahlt wird. Das soll keine Almosen beinhalten – es muss einfach nur fair sein. Und die Idee benötigt natürlich auch qualifizierte Arbeit, welche dann auch fair entlohnt werden kann. Es kann nicht darum gehen, Arbeit, welche hier von teuren Maschinen erledigt werden kann, durch billigste Arbeitskräfte noch billiger erledigen zu lassen.
Ich komme aus der IT-Welt. Dies ist eine Welt, welche mit nahezu ausschließlich digitalen Gütern auskommt. Alles kann in sekundenschnelle um die ganze Welt geschickt werden – ohne ein Schiff oder Flugzeug. Ich bin der Meinung, dass dieses Setting optimal dafür geeignet ist, qualifizierte Arbeit in andere Teile der Welt auszulagern. Es geht hier um gute Arbeit, kombinierbar mit Homeoffice, flexiblen Arbeitszeiten, guter Bezahlung, wenig Investition, wenig körperlicher Belastung. Kein negativer Einfluss auf die Umgebung – mensch produziert keine Chemieabfälle, verbraucht keine Landschaft, beutet sich nicht körperlich aus. Und es ist eine vielfältige, kreative Arbeitswelt – von Entwicklung über Graphik, Prozesssteuerung bis hin zu Kommunikation. Verkauf, Werbung, Neuentwicklung.
Dazu kommt, dass die aktuelle Arbeitsmarktsituation in diesem Bereich aufgeheizt bis überhitzt ist. Es ist genug Arbeit für viele Generationen vorhanden. Das wird sich auch so schnell nicht ändern – es wird sich eher noch verstärken.
Jetzt frage ich mich, was kann ich selbst konkret tun? Nur eine Behauptung in den Raum werfen – das ist ein Anfang, aber geholfen ist damit immer noch nicht. Nun – zunächst Teile ich das hier – und hoffe auf Feedback und eine angeregte Diskussion. Als nächstes kann ich selbst konkret handeln. Ich kann Teile meiner Arbeit auslagern. Ich kann dafür sorgen, dass ich Arbeit zu fairen Bedingungen in Teilen der Welt erledigen lasse, in welchen wirtschaftliche und gesellschaftliche Rückstände aufzuholen sind. Ich kann dafür sorgen, dass die Arbeitenden unter guten Bedingungen arbeiten können, um sich in ihrer Heimat ein nachhaltiges Leben aufzubauen. Aber ich mache mir keine Illusionen: Das wird die Welt nicht retten. Es ist ein Beitrag – aber er wird die Welt nicht retten. Aber ich denke, dass viele kleine solcher Schritte in die richtige Richtung etwas bewirken können. Wenn jede*r in seine*r Firma dazu beiträgt, sich aktiv Gedanken dazu zu machen – Potential zu finden – für eine neue Art der Auslagerung der Arbeit. Nicht, wie früher, um Kosten zu senken oder Profite zu steigern, sondern, um die Welt ein wenig besser zu machen. Das Denken zu diversifizieren. Die Firma internationaler und resilienter aufzubauen. Ich denke, das wäre es wert. Und ich habe damit heute angefangen. Mach mit. Erster Schritt: Diskussion starten – Feedback geben – selber denken!
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit bis hier her – ich hoffe, von dir zu hören!